Fall Nr. 292

 

Anton Streifschuss

Stufe: Primarstufe
Bewegungsfeld: Spielen
Inhalte präsentieren: Spielen und Wettkämpfen
Textsorte: Chronik

Fallbeschreibung:

Die Turnlektion wird unter dem Thema „Märchen“ durchgeführt. Es werden verschiedene kleine Spiele gemacht, die der Lehrer jeweils fantasievoll in Geschichten verpackt inszeniert. Die Kinder beteiligen sich mit grosser Begeisterung. Alles in Allem ist der Unterricht bisher gut von statten gegangen. Kurze Erklärungen seitens des Lehrers reichen, um etwa unangemessen eifrige Knaben zu bändigen. Es gibt einzig ein paar kleinere Unterbrüche, als sich Kinder bei Spielsituationen nicht ganz einig sind. Der Lehrer muss aber nicht weiter darauf eingehen, meist lösen sich diese Fälle von selbst.

Am Ende der Turnstunde wird noch Sitzball gespielt. Die Kinder sind mitten im Spiel und alle machen freudig mit. Sie rennen herum, kreischen und das Spiel funktioniert gut. Nach einer Weile meint der Lehrer aber gesehen zu haben, dass ein blonder Junge mit einem Streifschuss getroffen worden ist und trotzdem nicht nach draussen sitzt. Er reagiert sofort und sagt: „Anton, Streifschuss!“ Der Knabe verlässt etwas zögerlich, jedoch ohne Widerspruch das Feld und setzt sich an den Spielfeldrand. Er wirkt ziemlich irritiert und bespricht sich mit dem Schüler nebenan. Das Spiel geht derweil munter weiter. Nach einer Weile hält es der blonde Junge nicht mehr aus und geht zum Lehrer hin. Er sagt ihm bestimmt, dass sein Kamerad ihn erwischt habe, dass es diesen aber unmittelbar nach dem Streifschuss selbst traf – er also eigentlich wieder berechtigt sei mit zu spielen. Der Lehrer ist durch diese klare Ansage des Schülers leicht verunsichert. Bevor er sich jedoch weiter mit dem blonden Jungen besprechen kann, kommen zwei aufgewühlte Mädchen mit einem vergleichbaren Anliegen angerannt. Sie wurden von zwei Kindern gleichzeitig getroffen und wissen nicht, wie sie im weiteren Spielverlauf damit umgehen müssen. Eine andere Schülerin stösst hinzu und möchte ebenfalls etwas dazu sagen. Der Lehrer stellt fest, dass gerade mehrere solche Probleme im Raum sind und merkt, dass er in dieser Situation den einzelnen Beteiligten nicht gerecht werden kann. Er pfeift das Spiel ab und sagt ruhig: „Es dürfen alle Kinder nochmals ins Feld rein gehen – dann starten wir neu.“ Die Schüler/-innen folgen zwar widerstandslos, sind jedoch sichtlich irritiert über diese Reaktion. Bis das Sitzball wieder so richtig in Gang kommt werden noch einige kurze, aufgeregte Gespräche geführt.

Am Ende des Spiels und zugleich auch der Turnstunde kommen alle nochmals im Mittelkreis zusammen. Der Lehrer greift die Probleme der Stunde nun auf und erklärt den Schülern, dass sie in Zukunft wieder etwas vermehrt auf die „Fairness in Spielen“ achten sollen. Er fordert die Knaben und Mädchen auf, ehrlich zu sein: „Wir wollen ja auch, dass die Anderen nach draussen sitzen, wenn wir sie haben!“ (Schmid & Lieberherr)