Fall Nr. 256

 

Ausgrenzung eines Schülers

Schlüsselsatz: Marcel steht im Tor und wird voller Wucht im Gesicht getroffen, gewisse Mitschüler lachen.
Stufe: Sekundarstufe I
Bewegungsfeld: Spielen
Disziplin/Sportart: Fussball
Inhalte präsentieren: Spielen und Wettkämpfen
Bedingungen organisieren: Gruppen bilden – Sozialformen
Spezielle Themen: Gewalt/Mobbing
Textsorte: Chronik

Fallbeschreibung:

Prüfungsvorbereitung Gerätebahn/Spiel Fussball

a) Sport an der Kreisschule Balsthal/SO, 9. Schuljahr auf Niveau Sek (entspricht B), 19 SUS, koedukativ (10m/9w). Letzter Jahrgang wo Sport kein Promotionsfach ist. Lehrer unterrichtet an der Schule im ersten Jahr. Klasse ist relativ unmotiviert etwas zu leisten, Frauen noch ein weniger als Jungs. Doppelstunde Montag: 7.20-8.50h
b) Wie praktisch immer kommt Marcel als Erster in die Stunde, begrüsst mich und sitzt ruhig gegen eine Wand. Marcel ist Brillenträger, meist still und fehlt öfters im Sportunterricht. Nach und nach treten auch die restlichen SUS eine der drei Hallen. Da die SUS montags zu dieser frühen Stunde immer noch viel zu bereden haben vom vergangenen Wochenende, lasse ich sie 5-10min joggen. Danach folgt das übliche Kraftprogramm mit drei Übungen, die jeweils ganz gut absolviert werden. Nach der Stabilisation der jeweiligen Gelenke, werden die Geräte aufgebaut.
c) In 2-4er Gruppen werden insgesamt drei Bahnen à je einem Barren, Reck und Ringe aufgestellt. Dann wird geübt, gewisse Mädchen sitzen bei einem Gerät am Boden und müssen animiert werden, da sie sonst nichts machen würden. Es wird gefragt wann es eine Note gibt, wahrscheinlich mit der Absicht, erst dann richtig zu üben. Marcel übt wie so oft alleine an einem Gerät wo niemand ist, es scheint ihm aber wohl zu sein, merke ich beim Geben von Rückmeldungen. Gewisse SUS wissen immer noch nicht genau wie die Prüfung abläuft, da sie wohl nicht zugehört hatten bei den letzten Malen. Nach 20-30min zeigen einzelne einen ersten Versuch der Gerätebahn vor, die Anderen beginnen wegzuräumen.
d) Dann wird im Wechsel geschlechtergetrennt Fussball (5:5/5:4) gespielt, wobei die andere Hälfte im Geräteraum weitere Kraftübungen absolviert, das machen sie gerne. Bei der Teamzusammenstellung der Jungs will niemand mit Marcel zusammen sein, es fallen Kommentare wie: „ Nein, nicht mit Marcel, ihr könnt ihn haben.“ Oder als ich ihn ausdrücklich einem Team zugewiesen habe: „Du gehst einfach ins Tor.“ Ich frage Marcel ob er auch wirklich ins Tor wolle und sage ihm er müsse nicht. Doch er ist damit einverstanden.
e) Bei den Jungs ist es ein intensives Spiel mit viel Körpereinsatz, ich greife jedoch selten ein. Aus irgendeinem Grund lieben sie es sich gegenseitig abzuknallen und diese Gelegenheit nehmen sie bei Möglichkeit auch jeweils wahr. Es scheint lustiger zu sein, jemanden zu treffen, als ein Tor zu erzielen. Ich lasse sie machen, da die betroffenen SUS jeweils lachen.
f) Bei einem groben Notbremsefoul greife ich dann doch ein und entscheide auf Penalty. Marcel steht im Tor und wird voller Wucht im Gesicht getroffen, gewisse Mitschüler lachen. Ich unterbreche sofort, schaue zuerst nach Marcel und stelle dann den Schützen zur Rede. „Ich habe es nicht absichtlich gemacht“, sagt er das Lachen unterdrückend. Ich wechsle die Gruppen und die Mädchen spielen nun Fussball. Marcel’s Brille hat leicht was mitbekommen, ist jedoch noch ganz.
g) Um Marcel zu schützen, ging ich auf seinen Wunsch ein, aufgrund von Kopfschmerzen bei den restlichen Spielen nicht mehr mitzumachen. Nach ein, zwei weiteren Spielen ohne Vorfall entliess ich die Schüler und bat den „Täter“ nochmals zu mir. Ich spreche ihn erneut auf den Vorfall an und erwähne auch andere Situationen. Ich mache ihm klar, dass ich solche Aktionen in Zukunft nicht mehr dulde und es im Wiederholungsfall direkt Konsequenzen (= leider unwirksame Betragenszettel) haben wird.