Fall Nr. 555

 

Fast vom Ball getroffen - Volleyball

Stufe: Sekundarstufe I
Disziplin/Sportart: Volleyball
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

Ich kann mich noch an eine Stunde erinnern, die ich in einem Praktikum gegeben habe. In dessen Rahmen plante ich den Sportunterricht für eine aufgeweckte Klasse, die sich immer sehr aktiv am Sportunterricht beteiligte und immer extrem energiegeladen in den Unterricht kam. Es handelte sich genauer gesagt um die Jungen zweier zweiten Klassen. Die Stunde fand an einem Freitagnachmittag statt. An diesem Nachmittag gesellten sich neben der Lehrperson, also mir, noch meine Praxislehrperson und meine Praktikumsbetreuerin hinzu. Ich befand mich am Anfang meiner Sportlehrerkarriere und hatte dementsprechend wenig Erfahrung im Unterrichten. Mit der Klasse hatte ich bisher keine Probleme. Sie konnten ihre Bewegungsfreude bei mir voll ausleben. Ich förderte den Bewegungsdrang sogar, indem ich ihnen Bälle schon vor der Lektion zur Verfügung stellte. Die Schüler nutzen dies aus und spielten mit Volleybällen. Es flogen Bälle durch die ganze Halle. Ich hatte im Sinn dieses Verhalten zu tolerieren, aber als ein Ball ziemlich knapp an meiner Praktikumsbetreuerin vorbeiflog und sie mir einen eindeutigen Blick zuwarf, liess ich mich verunsichern. Mit weit nach oben gezogenen Augenbrauen schien sie mir zu sagen: «Was soll das? Mich hätte beinahe ein Ball getroffen und du machst gar nichts.» Ich unternahm tatsächlich nichts, weil ich wollte, dass die Schüler sich ein wenig austoben konnten und ihre Freude an der Bewegung ausleben. Ich war aber trotzdem verunsichert und fühlte mich beobachtet. Als es dann läutete versammelte ich die Schüler im Kreis und erläuterte ihnen den Ablauf der Stunde. «Wir schauen uns heute das obere Zuspiel im Volleyball an. Wir haben letztes Mal schon daran gearbeitet, wir werden es heute weiter üben und bauen zusätzlich noch das Netz mit ein.» Wir hatten schon eine Doppellektion Volleyball, indem wir das obere Zuspiel und die Manschette geübt hatten. Nach einem 10-minütigen Einwärmen, das genau nach Plan verlief, bildeten die Schüler Paare und stellten sich gegenüber einander auf. In der Mitte war das Netz, welches aus zeitlichen Gründen schon vor der Stunde aufgestellt wurde. Zuerst sollten die Paare möglichst oft versuchen den Ball über das Netz hin und her zuspielen, ohne dass er zu Boden fällt. Schon bei dieser Übung flogen einige Bälle quer durch die Halle. Wenn ein Paar den Ball verlor und er zu einem weiteren Schüler flog, passte er diesen nicht einfach zurück, sondern kickte ihn vielfach mit übertriebener Härte in Richtung des Schülers, der winkte. Mir gefiel dies überhaupt nicht und ich trommelte die Schüler zusammen und ermahnte sie dazu, dieses Verhalten zu unterlassen. Nachdem ich die Schüler ermahnt hatte, forderte ich dazu auf die Übung fortzusetzen. Es wurde besser gearbeitet, bis ich ein Spiel einführte. Die Paare sollten nun gegeneinander spielen. Ziel war es den Ball so über das Netz zu spielen, dass er im gegnerischen Feld den Boden berührte. Es war erlaubt den Ball zu fangen. Als dieses Spiel losging, flogen erneut wieder Bälle quer durch die Halle. Ich trommelte die Schüler erneut zusammen und sagte ihnen, dass am Schluss kein Spiel stattfinden würde, wenn es so weiter geht. Viele Schüler ermahnten daraufhin ihre Kollegen, dass sie damit aufhören sollten, Bälle umher zu kicken. Als die Übung dann aber wieder losging, stellte ich keine Besserung fest. Die Schüler arbeiteten zwar gut, wenn ich ihr Spiel beobachten konnte. Hinter meinem Rücken wurde aber klar nicht das gemacht, was verlangt wurde. Ich fühlte mich zu diesem Zeitpunkt nicht ernst genommen und hätte am liebsten die ganze Stunde abgebrochen und stattdessen ein Laufprogramm gemacht, ohne Material und ohne nichts, einfach rennen. Da ich aber beiden zuschauenden Lehrpersonen eine Planung zukommen liess und sie meinen Unterricht beobachteten, fühlte ich mich gehemmt und hielt weiter an meiner Planung fest. Zum Schluss fand sogar noch ein Spiel statt, obwohl ich angedroht hatte, dass dies ausfallen würde, wenn die Lage sich nicht bessert. Da 4 gegen 4 spielten, waren nun viel weniger Bälle in der Halle und die Situation verbesserte sich. Die Qualität des Spiels war in Ordnung. Der erste Ball, der über das Netz flog durfte gefangen werden. Es entwickelte sich ein anregendes Spiel. Ein oberes Zuspiel wurde aber kaum gesehen. Nach 5 Minuten musste das Spiel abgebrochen und das Material verräumt werden. Als ich die Schüler am Schluss der Lektion im Kreis versammelt hatte, sagte ich ihnen, dass ich unzufrieden mit ihrer Arbeitsweise war und dass ich von ihnen in Zukunft eine bessere Einstellung erwarte.