Vor der dritten Unterrichtsstunde findet die große Pause statt und die meisten Schüler kamen in der Vergangenheit etwas zögerlich nach dem Gong in die Sporthalle und bummelten beim Umziehen. Bereits in der vorherigen Sportstunde (in der Woche zuvor) hatte Frau X die SchülerInnen eindringlich ermahnt und darauf aufmerksam gemacht, dass sie solche Trödelei in Zukunft nicht mehr dulden werde und sich dieses Verhalten auch in den Noten wiederfinden lassen werde . Daraufhin kam der Großteil der Klasse heute sehr pünktlich und sammelte sich umgezogen im Mittelkreis. Diesen nutzt die Lehrerin vor jeder ihrer Sportstunden als Sammelpunkt zur Begrüßung, Anwesenheitskontrolle und Anweisung bzw. Themenvorstellung etc.
Bea und Claudia kommen auf Socken aus der Umkleide gelaufen und ziehen sich mit einem verlegenen Lächeln hektisch die Hallenschuhe im Mittelkreis an. Damit sind alle SchülerInnen bis auf Lutz anwesend.
Der Unterricht beginnt. Lutz kommt einige Minuten nach dem Stundenbeginn in die Halle und schnappt Felix den Basketball weg, mit dem die Schüler während des Warmlaufens dribbeln sollen.
Frau X geht zu Lutz und spricht diesen auf sein Verhalten an.
Sie nimmt ihm den Ball aus der Hand und spielt ihn Felix zu. Der nimmt ihn auf und setzt seinen Laufweg fort.
Zu Lutz gewandt sagt Frau X: „Guten Morgen Herr Schuhmann! Haben wir es doch auch in diesem Jahrhundert noch geschafft?“
Lutz geht nicht auf die Ansprache ein und begrüßt die Lehrerin nicht. Vielmehr versucht er ihr aus dem Weg zu gehen. Sie aber geht zielstrebig weiter auf ihn zu, so dass er ihr nicht ausweichen kann.
Frau X: „So mein Lieber, ich hoffe Du hast eine gute Entschuldigung für deine Verspätung. Und komm mir nicht erneut mit der Ausrede, dass du Hofdienst hattest! Das zieht heute nämlich nicht. Also, eine Erklärung bitte...?“
Lutz: „Ich bin nicht viel zu spät. Und überhaupt, ich kann nichts dafür. Meine Sportsachen waren in der Klasse eingeschlossen und die wurde in der großen Pause von Herrn Pauli abgeschlossen, als wir alle auf dem Hof waren.“
Frau X: „Und warum schaffen es dann alle deine Mitschüler pünktlich MIT Sportzeug zum Unterricht zu kommen?“
Lutz: „Ach, fragen Sie doch Herr Pauli. Und die Schreiber auch. Die hat nämlich die Klasse wieder aufgeschlossen.“
Lutz will sich lösen, aber Frau X hält ihn an der Schulter zurück. So versucht Lutz erneut während des Gespräches mit Frau X Felix, der gerade vorbei läuft, den Ball zu entwenden.
Frau X: „Nein mein Lieber, dem Vorfall werde ich NICHT auf den Grund gehen, weil es mich nicht interessiert! Bleib stehen, wenn ich mit dir rede. Fakt ist: Du hast dich mal wieder nicht an die Spielregeln gehalten, was meinen Unterricht betrifft. Letzte Woche habe ich euch alle bereits ermahnt und der gelben Karte folgt bekanntlich die rote Karte, oder? Das gibt einen Eintrag ins Klassenbuch. Du weißt, was das bedeutet. Ich habe deine ewigen Ausreden satt und lasse mich da nicht mehr drauf ein. Verstanden?“
Felix: „ Pah, machen sie doch, was sie wollen! Ich habe keine Angst vor Ihnen. Sie sind ungerecht!“ Frau X: „Angst?! Das brauchst du auch nicht und sollst du auch nicht. Aber wir werden ja noch sehen, dass auch ein Herr Schuhmann zur Pünktlichkeit fähig ist. Sonst werden noch andere Seiten aufgezogen! Jetzt hol dir auch einen Ball aus dem Ballschrank und sieh zu, dass du dich warmläufst.“ Felix dreht sich wütend um und läuft zum Ballschrank, nicht ohne noch ein paar fiese Grimassen zu ziehen, die Frau X aber ignoriert. Während des Einlaufens stört Lutz weiterhin seine Mitschüler, indem er versucht ihnen den Ball wegzuschlagen. Frau X ignoriert auch dies.
Bei den folgenden Spielformen gliedert sich Lutz ohne besondere Vorkommnisse in den Unterrichtsablauf ein und entgegen seiner sonstigen Art, gibt er beim Abschlussspiel der Stunde auch einen „guten Verlierer“ ab.
In der nächsten Stunde sitzt Lutz vor allen anderen Mitschülern im Mittelkreis und grinst Frau X triumphierend an, ehe diese die Geräteräume und Ballschränke aufgeschlossen hat. Der Klassenbucheintrag blieb Klassenbucheintrag und zog kein Elterngespräch nach sich.