Fall Nr. 445

 

Körperliche Unterschiede

Schlüsselsatz: „Das sagen Sie immer, aber ich gebe einfach nur richtigen Einsatz“
Stufe: Sekundarstufe II
Bewegungsfeld: Spielen
Disziplin/Sportart: Unihockey
Bedingungen organisieren: Gruppen bilden – Sozialformen
Spezielle Themen: Sicherheit
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

a) Die Klasse L2a kommt jede Woche sehr motiviert in den Sportunterricht. Es handelt sich dabei um Laboranten im zweiten Lehrjahr an der Berufsfachschule Aprentas in Muttenz. Die Klasse besteht aus insgesamt 14 Lernenden im Alter zwischen 16 und 25 Jahren, wovon acht männlich und sechs weiblich sind. Das Leistungsniveau der Klasse ist sehr heterogen. Auf Grund des Alters gibt es v.a. bei den Jungen enorme körperliche Unterschiede. Die zwei ältesten Jungen der Klasse, Andreas und Emanuel, sind auffällig gross und kräftig. Die L2a steht kurz vor dem Sporttag, wo sie Unihockey, Volleyball, Fussball und Badminton spielen werden. Im Zentrum der heutigen Sportlektion steht Unihockey. Nach einem Aufwärmen und einigen Kleingruppenübungen (Technik und Taktik), möchte ich die Klasse in zwei Teams aufteilen, um zum Abschluss zu spielen.

b) Bei der Einteilung in Teams kommt es vermehrt zur Diskussion wer nun mit Andreas und Emanuel im Team sein darf. Keiner möchte die Beiden zum Gegner haben, weil sie dem Resten der Klasse körperlich enorm überlegen sind und es auch schon zu groben Zusammenstössen gekommen ist. Schon mehrere Male musste ich Andreas und Emanuel daran erinnern, dass sie sich bei körperlichem Einsatz etwas zurücknehmen müssen, damit es keine Verletzungen gibt. Ein Lernender hat bei der Einteilung halb ernst, halb lustig gesagt: „Ich habe am Abend noch ein Spiel und möchte mich nicht verletzen. Kann ich mit Andreas in der Gruppe sein?“. Die Klasse hat gelacht und ich habe die Spielbändel verteilt.

c) Während dem Spiel kommt es bereits in den ersten fünf Minuten zur Situation, dass Andreas bei einem Sprint zum rollenden Ball einen anderen Jungen, Felix, umrennt: Felix steht bereits in der Nähe des Balles und rannte deshalb nicht in vollem Tempo. Der Ball hat sich mittlerweile unter der Sprossenwand eingehakt. Felix, der nun mit dem Rücken zur Halle vor der Sprossenwand steht, versucht den Ball unter der Sprossenwand hervorzuholen. Andreas sprintet währenddessen immer noch in Richtung Sprossenwand und reagiert zu spät, um noch bremsen zu können. Er rennt zuerst in Felix hinein, welcher den Kopf brutal an der Sprossenwand anstösst, und stolpert im Anschluss selber in die Sprossenwand hinein.

d) Besorgt um Felix, der am Boden liegt, gehe ich zur Sprossenwand. Andreas kommt sofort auf mich zu und sagt mit weit aufgerissenen Augen: „Das habe ich nicht mit Absicht gemacht“. Ich habe ihm geantwortet, dass mir das bewusst sei, dass ich ihn jedoch auch schon mehrmals aufgefordert habe, seinen Körpereinsatz zu zügeln. Er schaut mich verständnislos und mit Tränen in den Augen an und sagt: „Das sagen Sie immer, aber ich gebe einfach nur richtigen Einsatz“. Er geht davon ohne sich zu verabschieden.