Es ist Freitag Mittag. Die Klasse 8 A hat im Laufe des Vormittags eine anstrengende Klassenarbeit geschrieben und ein Großteil der 29 Schüler kann es kaum erwarten, das Wochenende zu beginnen. Zwischen ihnen und dem Wochenende liegt nur noch eine Unterrichtsstunde Sport.
Es ist die 6. Stunde und der reguläre Unterricht hat bereits seit 5 Minuten begonnen. Der Sportlehrer erwartet seine Schüler schon in der Turnhalle, wo sie sich auch gruppenweise einfinden.
Bis auf drei Schüler, David, Nick und Jens haben sich alle in der Halle versammelt, einige laufen einander hinterher, doch die meisten der Schüler sitzen bereits auf den Bänken und unterhalten sich recht laut und emotional über die erst vor einer Stunde geschriebene Arbeit. Die Geräuschkulisse ist sehr laut. Der Lehrer versucht durch einfaches, aber bestimmtes Bitten die Aufmerksamkeit seiner Schüler auf sich zu lenken. Nur einzelne Schüler reagieren, die Mehrheit ist in ihre Gespräche vertieft. Durch mehrfaches, lautes Rufen in die Klasse gelingt es ihm jedoch, die Aufmerksamkeit aller auf sich und seinen Unterricht zu lenken. Es ist still.
Dem Lehrer fällt, nachdem er die Anwesenheitsliste überprüft hat, das Fehlen der drei Schüler auf. Er weiß, dass alle drei auch privat recht gut miteinander befreundet sind und den ganzen Vormittag wie die anderen in der Schule waren. Er vermerkt das Fehlen im Klassenbuch und widmet sich Sarah und Anja, welche nicht in ihren Sportsachen auf der Bank sitzen. Auf seine vor der Klasse gestellten Frage, warum sie denn nicht am Unterricht teilnehmen würden, antworten beide schnell und lapidar: „Wir haben unsere Tage.“ Mit gerunzelter Stirn begnügt sich der Lehrer mit dieser Aussage. Alle Schüler wissen aus der letzten Sportstunde, dass heute ein kurzer Ausdauertest bevorsteht.
Der Unterricht hat bereits seit mehr als 10 Minuten begonnen. Gemeinsam leitet er mit den übrigen Schülern, welche zwar seufzen und „Och nö, heute nicht mehr“-Sätze hervorbringen, das Aufwärmprogramm ein und erklärt ihnen, nachdem sie sich eingelaufen haben, in einem großen Sitzkreis die Bedeutung des richtigen Aufwärmens und Dehnens. Er führt Dehnübungen vor, die von den Schülern mehr oder weniger richtig nachgeahmt werden.
Sarah und Nicole unterhalten sich aufgeregt auf der Bank in einiger Entfernung, zwar leise, so dass sie nicht direkt den Unterricht stören, aber an den Blicken einiger anderer Mädchen und Jungen kann man erkennen, dass sie sich nach einem solchen Tag auch lieber auf der Bank ausruhen und unterhalten würden.
Beide Mädchen folgen nicht dem Unterricht. Bis auf ein paar grimmige Blicke, wenn ihr Kichern zu laut wird, lässt der Lehrer sie in Ruhe.
Plötzlich tritt David durch die Tür in die Sporthalle zu den anderen hinein, er trägt seine Sportsachen, entschuldigt sich kurz, ohne weitere Gründe für seine Verspätung zu nennen beim Lehrer und setzt sich zu dem Kreis. Er beginnt sich dort zu dehnen, wo die anderen aufgehört haben. Der Lehrer schweigt kurz und bittet David, nach dem Unterricht etwas länger zu bleiben. David sagt jedoch, dass er einen sehr dringenden Termin bei seiner Fahrschule hat, den er, sofern er den Mofaführerschein bekommen möchte, unbedingt wahrnehmen muss. Der Lehrer schüttelt nur den Kopf. Auf seine Frage, wo denn Davids Freunde seien, gibt dieser nur an, von nichts zu wissen.
Nach dem Dehnen und wie bereits angekündigt, möchte der Lehrer seinen Ausdauertest nun in den letzen verbleibenden 20 Minuten des Unterrichts durchführen. Er bittet die Schüler in der kleinen Halle, die sie zur Verfügung haben, solange wie möglich zu laufen, dabei die Runden zu zählen und sich zu merken. Er erklärt den Schülern, dass er rufen werde, wenn die Zeit zu laufen beendet sei. Ohne zu fragen gehen Daniela und Nicole zu Sarah und Anja. Sie setzen sich zu den Mädchen auf die Bank und unterhalten sich. Der Lehrer bemerkt dies, dreht den anderen, durch die Ankündigung schon unruhig gewordenen Schülern den Rücken zu und beobachtet die vier Mädchen auf der Bank. Daniela ruft dem Lehrer durch die nun etwas lauter gewordene Sporthalle zu: „Ich habe plötzlich Bauchschmerzen bekommen und muss mich mal kurz hinsetzen“. Nicole ruft dem Lehrer auf dessen winkendes Handzeichen zu kommen nur zu: „Ich mache mir nur schnell die Schuhe zu“. Die restlichen Schüler beginnen nun wild, chaotisch und in keiner erkennbaren Ordnung durch die Halle zu laufen, ohne dass vorher ein Zeichen des Beginns von der Seite des Lehrers erkennbar gewesen wäre. Der Lehrer blickt immer noch in Richtung Bank und wartet immer noch auf die Rückkehr von Nicole. Es wird wieder laut in der Sporthalle, der Lehrer bemerkt nun das Geschehen um sich herum und versucht durch lautes Rufen dem Treiben ein Ende zu setzen und die Schüler auf sich aufmerksam zu machen. Es ist zu laut, als dass man ihn direkt verstehen könnte. Erst nachdem er schreit, wird es ruhig und alle bleiben stehen. Er runzelt sehr stark die Stirn und schüttelt den Kopf.
Nicole ist immer noch bei den anderen und tut so als würde sie sich die Schnürsenkel fester binden. Der Lehrer hat einen knallroten Kopf bekommen. Im normalen Ton und einer ruhigen Stimme bittet er die Schüler alle wieder Platz auf den Bänken zu nehmen.
Die Schüler reden alle miteinander. Erneut bittet er sie um Ruhe und stellt an die Klasse die Frage: „Warum habt ihr einfach angefangen zu laufen? Warum fällt es euch besonders heute so schwer mir zu folgen und auch nur das zu tun, worum ich euch bitte?“
Die Klasse schweigt. Viele Schüler zucken mit den Achseln. Die meisten Schüler schauen an die Decke oder vor sich auf den Boden. Der zu spät gekommene David meldet sich zu Wort und bittet den Lehrer, den Ausdauertest auf eine andere Stunde zu verschieben und stattdessen die restliche Zeit Fussball zu spielen. Viele der Mädchen lassen erkennen, dass sie nicht spielen wollen. Der Lehrer stellt denjenigen frei, die wollen, selbstständig Mannschaften zu bilden und Fussball zu spielen, die anderen bittet er die restliche Zeit Platz auf den Bänken zu nehmen. Bis auf vier, setzen sich alle anderen Mädchen auf die Bank. Der Lehrer holt einen Ball und lässt die Schüler bis zum Ende der Stunde frei spielen. Er selbst agiert dabei als Schiedsrichter.