Von der 8. bis zur 10. Klasse hatten wir einen Sport- und zur gleichen Zeit Klassenlehrer, der für seinen autoritär, streng und gleichzeitig selbstgefällig wirkenden Umgang mit Schülern berühmt berüchtigt war. Besagter Umgang wirkte einerseits einschüchternd und hemmend, andererseits waren dadurch klare Richtlinien vorgegeben, die wir Schüler verinnerlicht hatten. Unsere Klasse galt zu Recht als sehr lebhaft und unruhig. Dem Kanon der Schulleitung stand der ,,strenge“ Lehrer für die universelle Lösung des Problems der ,,unruhigen“ Klasse.
Ich erinnere mich, dass er sein Aufwärmen generell völlig einspurig mit Basketbällen auszufüllen wusste. Ganz gleich, ob im nachfolgenden Verlauf der Stunde eine Einheit Bodenturnen oder Volleyball angesetzt war. Der Basketball war sein treuer Begleiter. Zu Beginn jeder Sportstunde schloss er der Klasse die Sporthalle auf. Während er sich beim Umziehen in der Regel äußerst viel Zeit ließ, sollten wir uns zwischenzeitlich mit Basketbällen ausgestattet in der Halle beschäftigen. Man stelle sich das Szenario vor: 30 herumtobende pubertierende Jugendliche und 30 Basketbällen, die in einer Turnhalle zum Einsatz kommen, welche annähernd für die Hälfte der anwesenden Schüler genügend Platz zur Verfügung stellen würde. Alle Schüler bewegten sich kreuz und quer durch die Halle, die prellenden Bälle erzeugten einen solchen Lärm, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte. Von überall her flogen Bälle auf die zwei angebrachten Körbe; mal kraftvoller geworfen, mal gezielter und weicher. Einige Schüler ließen ihren Aggressionen freien Lauf und schmetterten die Bälle mittels Überkopfwurf an das Korbbrett. Den Ball in den Korb zu treffen war so gesehen gar nicht möglich, da sich die auf den Korb zufliegenden Bälle gegenseitig vorm Einnetzen behinderten. Es herrschte ausgelassen heitere Stimmung, wir lachten und alberten rum. Einige waren mit mehr Aufmerksamkeit und Akribie dabei, andere hielten an die Hallenwand lehnend kleine Unterhaltungen und mussten dabei aufpassen, dass die umherfliegenden und -rollenden Bälle ihnen nicht unerwartet gegen den Körper flogen. Dass sich in dem allgemeinen Chaos niemand jemals verletzte, ist verwunderlich.
Doch sobald der Lehrer aus seiner Umkleidekabine raus in die Halle trat, herrschte erzwungene Stille und Disziplin. Alle Schüler saßen in Reihe und Glied auf den an der Seitenwand abgestellten Langbänken und hielten die Bälle fest in der Hand. Die Sportstunde unter der Leitung des Sportlehrers konnte beginnen.