Fall Nr. 131

 

Völlig unfair

Stufe: Sekundarstufe I
Bewegungsfeld: Spielen
Disziplin/Sportart: Volleyball
Mit Schüler*innen interagieren: Beobachten – Beurteilen – Korrigieren und Feedback geben
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

Klasse 7, Jungen und Mädchen haben gemeinsam Sport
Eine der letzten Sportstunden einer Unterrichtsreihe zu VOLLEYBALL

Volleyball gehörte nicht zu meinen Lieblingssportarten. Daran, wie mir die Unterrichtsreihe damals insgesamt gefallen hat, kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich war wohl weder besonders begeistert, noch wirklich abgeneigt. Den Sportlehrer empfand ich als sehr „lieb“ und engagiert. Ich mochte ihn, hatte aber das Gefühl, dass er gegenüber den Schülern, die sich nicht an gewisse Verhaltensregeln hielten, zu gutmütig war. Das war in meinen Augen unfair. Ich empfand in seinem Sportunterricht manchmal ein Unverständnis, dass ich auf die Distanz zwischen seiner eigenen Kindheit und unserer „modernen“ Schülerwelt zurückführte. Der Lehrer stand kurz vor der Pensionierung.

Zur Beurteilung unserer Leistungen sollten alle Schüler sooft wie möglich und ohne Unterbrechung den Volleyball pritschen, zuerst allein über Kopf, dann paarweise zu pritschen. Das hatten wir in den vorausgegangen Stunden schon geübt. Ich wusste daher meine zu erwartende Leistung einzuschätzen. Ich war weder unter Druck, noch fand ich die Aufgaben leicht. Die Ballkontakte sollten wir für unsere Beurteilung zählen. Wir haben uns in der Halle verteilt, gepritscht und für uns selbst mitgezählt. Am Ende der Stunde haben wir uns um den Lehrer versammelt und er hat unsere Punktzahl (Bestzahl der ununterbrochen gepritschten Bälle) abgefragt. Dem Lehrer wurde von den Einzelnen und von den Spielpartnern die Anzahl der Pritscher genannt und von ihm aufgeschrieben. Viele Schüler haben Zahlen genannt, die höher als die tatsächlich erreichten Punkte waren. Ich erinnere mich, dass ich selbst auch etwas gemogelt habe und zu der schlechteren Hälfte der Klasse gehörte. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich meine Punkte „aufgerundet“ hatte, aber ich rechtfertigte meine Lüge damit, dass mein Ergebnis im Verhältnis zu den Ergebnissen der anderen so richtig gewesen sei. Es gab keinerlei Kontrolle durch den Lehrer. Er hat vor uns auch keine Schüleraussage angezweifelt. Die ehrlichen Schüler bekamen dementsprechend relativ schlechte Noten.

Es hat mich besonders geärgert, dass eine Gruppe von fünf sportlichen Jungen die ganze Stunde gestört hat und am Ende der Stunde eine sehr hohe Punktzahl angegeben hat. Die fünf hätten das gar nicht nötig gehabt, haben aber so die Messlatte für uns andere noch höher gesetzt. Der Lehrer, den ich grundsätzlich mochte, hat in meine Augen völlig unfair bewertet.