Bevor ich von dem Fall berichte, möchte ich kurz auf Igor zu sprechen kommen. Ich unterrichtete zwei Jahre lang eine 7. und 8. Klasse an einer Bezirksschule im Kanton Solothurn. Beide Klassen waren super angenehm und überdurchschnittlich sportbegeistert. Es herrschte ein sehr angenehmes Lernklima und es wurde oft gelacht. Igor gehörte zu einem meiner leistungsstärksten Schüler und man kann ihn auch als "Leitperson" der Klasse bezeichnen. Was er sagte - wurde gemacht. Igor und ich hatten, so wie ich das aus meiner Sicht beurteilen kann, ein sehr gutes Verhältnis, er half mir oft freiwillig beim Aufbauen von Geräten und sagte schon das eine oder andere Mal zu seinen Klassenkameraden / Klassenkameradinnen, wenn es nicht sofort ruhig war, dass sie jetzt ruhig sein sollten, da ich etwas erklären wollte. Auch hatte Igor immer einen lockeren Spruch auf Lager und trug so viel zu einem positiven Unterrichtsklima bei. Den Fall den ich euch gleich berichten werde ist nicht schlimm oder stellte ein Problem dar, doch nimmt es mich wunder, wie ihr euch als Lehrperson in dieser Situation verhalten hättet.
Die Doppellektion fand im März 2010 statt, auf dem Programm stand Hochsprung anwenden, ich habe bereits ca. 4 Lektionen mit ihnen am Thema Hochsprung erwerben gearbeitet. Wir machten ein kurzes aber intensives Spiel zum Einwärmen und anschliessend absolvierten wir im Kreis, so wie wir das jede Stunde taten, unser fünfminütiges Kräftigungs- und Stabilisationsprogramm. Anschliessend dehnten wir fünf Minuten, da ich nicht sehr häufig im Sportunterricht dehnte, aber gerade für Sportarten wie Hochsprung (C-Minus-Position) und auch für Geräteturnen etc. als sehr wichtig empfinde. Während den einzelnen Dehnübungen waren alle SuS sehr konzentriert und ruhig. Ich wollte aber nicht nur mit den SuS dehnen, sondern ihnen auch ganz kurz verständlich machen, warum wir jetzt gerade diese Muskulaturen dehnen. Auf jeden Fall fragte ich bei einer Dehnübung in die Runde, ob sie die Dehnung auch wirklich am richtigen Ort spüren würden, worauf Igor antwortete (unter Lachen), dass er es im "Ohrläppli" spüren würde. Ein bisschen schmunzeln musste ich, sowie die Klasse natürlich auch. Anschliessend habe ich die SuS nochmals darauf aufmerksam gemacht, ob sie die nächste Dehnübung wieder am richtigen Ort spüren würden, worauf Igor erneut antwortete (wieder unter Lachen), dass er es dieses Mal in der Nasenspitze spüren würde. Die Klasse find erneut an zu lachen, worauf ich geantwortet habe (auch mit einem Lachen im Gesicht), dass der "Joke" nach dem zweiten Mal nicht mehr lustig sei und wir es jetzt gehört haben, dass er keine Dehnung am richtigen Ort spüren würde, worauf die Klasse erneut zu lachen anfing. Igor machte danach keinen Spruch mehr zu den Dehnübungen, sondern kam am Ende der Übungen zu mir und entschuldigte sich bei mir für sein Verhalten. Somit war die Sache vom Tisch. Ich bin mir sehr klar bewusst, dass die Situation jetzt hier im Text falsch rüberkommen kann, quasi, dass ich einen Schüler vor der Klasse blossgestellt habe. Finde ich aber bis heute nicht und würde auch erneut mit einer solch humorvollen Antwort auf die Sprüche reagieren, weil Igor ist/war genug selbstbewusst, um einen solchen Spruch meinerseits locker wegzustecken. Klar hätte ich nicht bei allen SuS mit einer solchen Antwort reagiert. Aber die Entschuldigung von Igor zeigte mir, dass er es verstanden hatte und musste ja auch über meine Reaktion schmunzeln. Was denkt ihr, warum Igor solche Sprüche bei den Dehnübungen gemacht hat, fand er diese Bemerkung überflüssig oder wollte er endlich mit Hochsprung beginnen. Wie hättet ihr in dieser Situation reagiert?