Fall Nr. 532

 

Handstand/Parkour

Stufe: Sekundarstufe II
Bewegungsfeld: Bewegen an Geräten
Disziplin/Sportart: Geräteturnen (Boden) & Parkour
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

Thema:
Das Thema, welches von der Praxislehrperson vorgegeben wurde, war Geräteturnen (Zielform Handstand) und Parkour. Es sollte über zwei Einzellektionen behandelt werden.

Klasse: Berufsschule
Bei der Klasse handelte es sich um eine MPA1 (Medizinische Praxisassistentinnen) im zweiten Lehrjahr. Die Sportstunde fand in der letzten Lektion statt (16.45-17.30). Zusammengesetzt war die Klasse aus 22 weiblichen Lernenden. In Bezug auf die körperlichen Voraussetzungen und die Leistungsbereitschaft, wies die Klasse eine sehr grosse Heterogenität auf.

Schwerpunkte/Ziele:
• Bei den koordinativen Fähigkeiten stehen v.a. die Orientierungs- und Gleichgewichtfähigkeit, sowie Differenzierungsfähigkeit im Vordergrund, bei den konditionellen Fähigkeiten Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit. Bei den psychischen Fähigkeiten geht es um Mut, Selbstvertrauen, Umgang mit Angst, Vertrauen und Körperwahrnehmung.
• Die Lernenden werden durch verschiedene Übungen an die Zielform Handstand herangeführt und üben diese.
• Die Lernenden lernen einige Elemente aus dem Parkour kennen und probieren diese aus, dabei geht es zudem darum, etwas zu wagen.
• Durch Gruppenarbeit beim Helfen und Sichern soll der Aspekt des „Miteinander" betont werden.

Lektion:
Als die Lernenden die Turnhalle betraten und die aufgestellten Geräte sahen, murrten einige bereits. Ein Grüppchen Lernende fragte die Lehrperson, als sie die Wertsachen im Kästchen deponierten, ob in der Lektion nicht wieder getanzt werden könne. Die Lehrperson erklärte ihnen nochmals (wie bereits am Ende der letzten Lektion) ,dass die Tanzeinheit abgeschlossen sei. Als die ganze Klasse in einem Schwarm versammelt war, erläuterte die Lehrperson den Ablauf der Lektion. Einige der Lernenden fragten, was denn Parkour überhaupt sei. Die Lehrperson reagierte darauf und machte eine sehr kurze Einführung über die Geschichte des Parkours. Das Aufwärmen fand nach dem Prinzip „Vorzeigen Nachmachen" statt und sah folgendermassen aus: Es wurde zwischen den Geräten durchgejoggt und verschiedene Übungen (wie Armkreisen , Hüpfen etc.) ausgeführt. Danach wurden gemeinsam im Kreis sowohl ein paar Dehn- als auch einige Kraft-/ und Stabilisationsübungen ausgeführt, ebenso ein paar Übungen, die auf das Stützen vorbereiten sollten.
Das gemeinsame Aufwärmen war von der lntensität als ziemlich hoch einzustufen. Die Lehrperson erklärte im Anschluss den Ablauf der Postenarbeit und die einzelnen Posten. Bei den Parkourstationen (Balancieren und Präzisionssprünge, Vorübungen Wallspin, versch. Sprünge über unterschiedlich hohe Schwedenkästen, Armsprung = Anspringen ins Hängen) wurden die Elemente von der Lehrperson vorgezeigt und es lagen Stationskarten mit Bildern auf. Beim Erklären der Handstandübungen wurde das Helfen und Sichern explizit erklärt und vorgezeigt. Vorgegeben war die Zielform Handstand. Die Lernenden wurden angewiesen, sich in 3-4er-Gruppen an den Posten zu verteilen, nach einer gewissen Zeit sollte dann rotiert werden. Leider funktionierte es nicht so gut, da die Lernenden z.T. Angst oder einfach keine Lust hatten. Zugespitzt formuliert, wurde nur an den Posten geturnt, wo
die LP stand und die Lernenden aufforderte sowie unterstützte. Die Bewegungsintensität war nicht sehr hoch. Bei den Handstandformen war das grösste Problem, dass etwa die Hälfte der Klasse die körperlichen Voraussetzungen nicht mitbrachte, d.h. zu wenig Körperspannung hatten oder ein schlechtes Kraft-Last-Verhältnis aufwiesen. Da die Lehrperson zeitweise
durch einzelne Gruppen ziemlich absorbiert wurde, bemerkte sie nicht, dass sich eine der Lernenden zwischen Wand und Kasten versteckt und für die restlichen 10 Minuten dort liegen blieb.
Erst als es um das Aufräumen ging, bemerkte die Lehrperson das Versteck. Während die anderen Lernenden mit dem Aufräumen begannen, suchte die Lehrperson das Gespräch mit der Drückebergerin. Auf die Frage, weshalb sie sich versteckt habe, antwortete sie: „Sie, ich ha eifach kei Lust zum Grätturne und so, das isch so astrengend und tuet weh." Bevor die Lehrperson etwas erwidern konnte, griff die Praxislehrperson ein und wies die Lernende auf die in der Schule üblichen disziplinarischen Massnahmen (zB. Busse) hin. Auch wies sie darauf hin, dass so ein Verhalten nicht tolerierbar sei.


*Kommentar:
Dieselbe Lektion war zuvor mit einer gemischten Bäcker-Konditor-Confiseur-Klasse durchgeführt worden und hatte sehr gut funktioniert. Vor allem die männlichen Lernenden stachelten sich bei den Parkourelementen gegenseitig an: noch höher, noch weiter. Aber auch die Damen waren intensiv am Üben und am Ausprobieren und es bedurfte keines grossen Ansporns durch die Lehrperson. Lediglich einige Tipps und Feedbacks wurden dankbar angenommen.