Fall Nr. 548

 

Hochsprung

Stufe: Sekundarstufe I
Bewegungsfeld: Laufen, Springen, Werfen
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

Die Klasse bestand aus 16 SuS, vier davon waren Mädchen. Die Heterogenität im Fach Sport war dabei recht gross, gleich wie in anderen Fächern. Ein Mädchen und etwa drei Jungen waren sportlich begabt, trieben jedoch keinen Sport im Verein. Die Klasse hatte teilweise Mühe, diszipliniert und fokussiert zu arbei- ten, zwei der Mädchen stellten sich in den meisten Fächern quer. Sie hatten deshalb schon diverse Auflagen und schriftliche Abmachungen, die aber nur wenig gebracht haben.
Zunächst war die Praxislehrperson stark in das Unterrichtsgeschehen involviert. Sie zog sich im Verlauf des Praktikums aber mehr und mehr zurück und überliess uns sukzessive die Zügel. Das Fallbeispiel entstand in einer Einführungslektion Sport zum Thema Hochsprung, die wir weitgehend selbstständig organisiert und durchgeführt haben.
Montagmorgen, erste Lektion (07:30-09:05), Sport
Mein Tandempartner und ich trafen uns um 07:20 in der Garderobe und waren etwa um 07:25 in der Halle. Die ersten SuS warteten bereits umgezogen vor dem Eingang. Nach und nach trudelten mehr SuS ein. Um 07:30 haben wir alle im Kreis versammelt und festgestellt, dass noch etliche fehlten. Diese kamen schliesslich mit drei, vier Mi- nuten Verspätung und setzten sich ebenfalls. Die zwei oben genannten Mädchen waren die Letzten. Sie antworteten auf die Frage, warum sie nicht pünktlich in der Halle seien, nur mit einem Achselzucken. Nach einer kurzen Ermahnung, dass Pünktlichkeit erwartet wird, haben wir den SuS den Ablauf und Inhalt der Einzellektion erklärt. Kaum war das Thema «Hochsprung» bekannt, hatten mehrere SuS bereits die Augen verdreht und gefragt, ob wir nicht etwas anderes machen können. Wir gingen dann zu einem Aufwärmspiel über. Mehrere Fänger sollten die anderen SuS berühren, um das «Fänger-Bändeli» abgeben zu können. Man konnte sich dabei retten, in dem man auf unterschiedlich hohe Geräte sprang, die überall in der Halle platziert waren. Es durfte dabei nur eine Person auf dem jeweiligen Gerät sein. Dieses Aufwärmspiel empfanden die meisten als anregend und sie haben gut mitgemacht. Danach haben wir uns im Kreis versammelt und uns eingedehnt. Wir erteilten anschliessend den Auftrag, in bei- den Hallenhälften eine Hochsprunganlage aufzustellen und den Rest der Geräte zu verräumen. Auf beiden Seiten waren Anfangshöhen von 1.30m mit elastischen Bändern eingestellt. Die eine Seite hatte zudem das oberste Kastenelement als Hilfestellung vor der Hochsprunganlage. Die SuS waren dazu angehalten, mit einer beliebigen Technik die Höhe zu überspringen. Die Verteilung auf die beiden Anlagen haben wir Lehrpersonen bestimmt. Die eher schwächeren SpringerInnen waren in der Hallen- hälfte mit dem Kastenelement zur Unterstützung. Die stärkeren SpringerInnen haben bei ihrer Anlage schnell die Sprunghöhen nach oben angepasst, bis es für die meisten schwierig wurde. Die schwächeren SuS auf der anderen Seite, insbesondere die bei- den demotivierten Mädchen, haben denn Sinn der Aufgabe hinterfragt und sind nur noch auf unsere Anweisung hin gesprungen. Nach diesem relativ kurzen Einspringen haben wir alle versammelt und gefragt, welche Sprungtechniken sie verwendet haben und wieso. Dieses Gespräch war aber nicht sehr ergiebig, die Antworten fielen meist sehr knapp aus. Die schwächeren SuS haben sich praktisch gar nicht am Gespräch beteiligt, sie waren sichtlich desinteressiert. Wir zeigten den SuS daraufhin den «Fosbury-Flop» mittels verschiedener Vermittlungsmethoden. Einerseits mit einem kurzen Video, das Top-AthletInnen beim Überspringen von extremen Höhen zeigt, anderseits Reihenbilder und eine kurze Demonstration durch eine Lehrperson. Die Einführung der Technik begründeten wir mit der Annahme, dass man so bei korrekter Ausführung höher springen könne. Nun legten wir Markierungen aus, an die man sich bei einem bogenförmigen Anlauf halten sollte und wiesen die SuS an, die Technik auszuprobieren und sich Gedanken zu den Knotenpunkten zu machen (Knotenpunkt als Begriff war bereits bekannt). Hier zeigte sich wieder ein ähnliches Bild: Die starken SuS (vor allem die Jungen) übten fleissig und spornten sich gegenseitig an, während sich die schwächeren SuS ziemlich demotiviert zeigten. Eine Lehrperson musste sie immer wieder ermutigen zu springen und sich gegenseitig Feedback zu geben. Mit der Sprunghilfe schafften es die meisten und doch wirkten einzelne sichtlich frustriert, vor allem eine sehr schwergewichtige Schülerin. Nun versammelten wir wieder alle im Kreis und er- klärten, dass in dieser Phase die Sprunghöhe noch unwichtig sei, die Technik stehe im Vordergrund. Anschliessend fragten wir nach den Knotenpunkten, die sie identifizieren konnten. Es kamen wichtige und konkrete Beobachtungen, auch von den nicht sehr Hochsprung-Begeisterten. Einzig die beiden disziplinarisch auffälligen Mädchen kapselten sich völlig vom Unterrichtsgeschehen ab. Die gesprächsführende Lehrperson fragte sie, ob auch ihnen bei der Beobachtung etwas aufgefallen wäre. Sie schüttelten mit dem Kopf und wirkten völlig desinteressiert. Zum Schluss fasste die Lehrperson noch die wichtigsten Beobachtungen zusammen und brachte Ergänzungen ein. Mit dem Verweis, dass diese Knotenpunkte in der nächsten Stunde weiter angeschaut werden, endete die Stunde. Beim Aufräumen fragten wir die beiden Mädchen, warum sie sich so aus dem Unterrichtsgeschehen zurückgezogen haben. Sie antworteten schlicht: «Keine Lust auf Sport».