Fall Nr. 534

 

Orientierungspraktikum: Doppelstunde Volleyball

Stufe: Sekundarstufe II
Bewegungsfeld: Spielen
Disziplin/Sportart: Volleyball
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

Ich gebe zwei Praktikumsdoppellektionen am Wirtschaftsgymnasium Basel. Das heutige Thema ist Volleyball. Der Block soll eingeführt und die Technik des Anspiels, des Passes und der Manschette verbessert werden.
Dies ist meine erste Lektion mit dieser Klasse. Da das Wetter schlecht ist, spielen wir in der Halle. Die Klasse umfasst 24 Knaben, wovon zwei ihre Turnsachen vergessen haben. Dies war wohl wirklich ein Versehen, denn sie fragen mich sofort, ob sie einfach in den normalen Kleidern mitmachen dürfen. Dies dürfen sie natürlich. Des Weiteren ist ein Schüler krank geschrieben, da er sich noch von einer Operation erholt. Er ist jedoch anwesend und schaut zunächst einmal zu.

Bei so vielen Schülern spanne ich das Netz quer in der Halle, sodass wir auf drei Feldern spielen können. Zum Aufwärmen machen wir verschiedene Werf- und Fangformen mit schnellen Wechseln über das Netz. Wir spielen 2 gegen 2. Danach steigen wir ins Spiel ein. Ich leite die Schüler an, untereinander drei gleichstarke Gruppen zu machen. Sie sollen diese selbst bilden, da sie sich besser kennen kennen. Diese gleichstarken Gruppen sollen sich dann auf je ein Feld verteilen und sich dort untereinander nochmals in zwei ähnlich starke Mannschaften unterteilen.
Wir beginnen nun mit dem Einspielen. Was mir auffällt ist, dass viele Schüler Mühe mit dem Volleyballspiel haben. Der Praktikumslehrer teilte mir im Voraus mit, die Klasse habe schon viel Erfahrung und spiele auch öfters Volleyball. Es hat durchaus den einen oder anderen guten Spieler dabei, die Mehrheit spielt jedoch mittelmässig. Ich lasse das Spiel einen Moment lang laufen, um mir ein Bild zu verschaffen. Die ersten Schüler beschweren sich währenddessen schon darüber, wieso sie nun Volleyball spielen müssten und nicht einfach Fussball spielen dürfen. Da wir erst ein paar Minuten spielen, reagiere ich darauf vorerst nicht.

Ich bemerke, dass es auf keinem Spielfeld zu einem intensiven Spiel kommt. Auf einem Feld sogar, funktioniert gar nichts. Die Punkte fallen dort meistens schon nach dem Anspiel, da die Abnehmer den Ball nicht zurückspielen können. Glücklicherweise ist dies auf dem Feld bei beiden Mannschaften der Fall.

Auf den anderen beiden Feldern spielen die Jungs etwas besser, aber die Mannschaften sind zu unterschiedlich und somit werden beide Spiele einseitig. Ich tausche auf diesen beiden Feldern die Mannschaften, sodass besser gegen besser und schlechter gegen schlechter spielt. Daraufhin lasse ich das Spiel nochmals laufen. Die Mannschaften auf diesen beiden Spielfeldern sind nun ausgeglichener. Jedoch gibt es auch da noch zu viele selbstverursachte Fehler.
Nach einer weiteren Spielphase schalte ich eine kurze Zwischensequenz ein. Dabei finden sich die Schüler in Zweiergruppen zusammen und stehen sich - mit dem Netz zwischen ihnen - gegenüber. Jede Zweiergruppe hat nun ein schmales Feld für sich
und soll sich zuerst mal mittels Passspiel den Ball gezielt, mit einer oder mehreren Berührungen, zuspielen. Dies funktioniert einigermassen gut. Nach kurzer Zeit lasse ich sie sich zu zweit gegenseitig herausfordern. Sie sollen versuchen, bei ihrem Gegenüber Punkte zu erzielen. Gespielt wird mit Pass und es darf nur in der Balllänge variiert werden. Der Ball muss im schmalen Couloir, in dem sich das Zweierteam befindet, landen und darf nicht seitlich weg. Zuerst spielen wir mit kurzem und schmalem Feld, anschliessend erweitern wir das Feld bis zur Wand. Die Schüler haben sichtlich Spass und fordern sich gegenseitig. Auch die beiden etwas festeren Knaben, welche vorhin auf dem Feld mit den ungeübten Schülern einen ziemlich dürftigen Eindruck machten, spielen nun motiviert gegeneinander. Die Wünsche nach einem Fussballspiel sind ebenfalls verstummt. Ich lasse sie eine Weile so gegeneinander spielen und wir nehmen währenddessen noch zweimal einen Partnerwechsel vor.

Nun sollen sie in ihren homogenen Gruppen von vorhin weiterspielen. Auf dem schlechteren Feld bespreche ich mit den Schülern, was nicht funktioniert hat. Sie meinen, dass sie Mühe mit der Ballannahme hätten. Also machen wir ab, dass sie den ersten Ball auf ihrer Seite auch fangen dürfen. Sie spielen weiter und ich erkenne, dass diese Massnahme schon zu einem weit flüssigeren Spielverlauf führt.

Auf den anderen beiden Feldern laufen die Spiele mässig. Der Ball fliegt zwar hin und her, jedoch sind die Spiele nicht wirklich fordernd und attraktiv. Daher kommen wohl auch die Fussballfragen und - kommentare auf dem einen Feld wieder auf.
Auf jenen Feldern kommen keine richtigen Angriffe zustande. Zwei Schüler, welche zusammen in einem Viererteam spielen, stehen im Fussballeroutfit in der Halle. Die beiden sind mir schon vorhin aufgefallen. Sie sind zwar etwas vorlaut, aber machen einen sehr sportlichen Eindruck. Ihnen ist verständlicherweise langweilig. Sie sind auch die besten Volleyballspieler der Klasse.

Als sie mich erneut fragen, ob wir jetzt nicht endlich mal Fussball spielen könnten, entgegne ich ihnen, sie sollen sich doch lieber mal gegenseitig herausfordern, anstatt im selben Team herumzustehen und sich zu langweilen. Da sie ja offensichtlich ehrgeizige Persönlichkeiten sind, zeigen sie sich einverstanden und einer der beiden wechselt die Seite.
Ich überlege mir, wie das ganze nun weitergehen soll und entscheide mich gegen das Einführen des Blocks in dieser Stunde. Wir führen daraufhin auch bei den zwei besseren Feldern eine Vereinfachung ein. Der Passeur darf von nun an auf diesen
Feldern den Ball fangen, sodass er diesen dann dem Angreifer schön zuwerfen kann. Die Spieler setzen dies um und es kommen vermehrt gute Angriffe zustande. Automatisch beginnen die Schüler auch zu blocken. Dies geschieht zwar noch etwas unkontrolliert, aber die Ansätze sind vielversprechend. Die Schüler bewegen sich nun relativ intensiv. Es kommen auch alle Schüler zum Smashen (oder etwas ähnlichem), da es allen möglich ist, die zugeworfenen Bälle auf die andere Seite zu knallen.

Die Schüler spielen nun einige Sätze und wechseln zwischendurch einzelne Mitglieder zwischen den Teams hin und her. Die Homogenität bleibt dabei grösstenteils erhalten. Bei einem Spiel fragen mich die Schüler sogar selbst, ob es der Fairness wegen okay sei, wenn die eine Mannschaft richtig Volleyball spielt und die andere das mittlere Zuspiel weiterhin fangen darf. Ich befürworte dies selbstverständlich und freue mich über ihre Eigeninitiative.

Am Ende der Stunde meint ein Schüler zu mir: „Ich wusste gar nicht, dass Volleyball so anstrengend ist."