Fall Nr. 330

 

Provozieren geht über Studieren

Stufe: Sekundarstufe I
Bewegungsfeld: Spielen
Disziplin/Sportart: Fussball / Unihockey
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

Isidor freut sich riesig auf das Fussball-Unihockeyturnier. Es spielt jedes Team einmal gegeneinander. Die Halle wird in zwei Felder unterteilt und alle fünf Minuten gibt der Lehrer ein Zeichen zum Wechsel. Die Schüler sind sehr motiviert und spielen mit viel Herzblut. Das Spielgeschehen ist gekennzeichnet von viel Einsatz und harten, aber fairen Zweikämpfen. Obwohl Isidor fast ein Kopf kleiner ist als alle seine Mit- und Gegenspieler, ist auch er eifrig bei der Sache und kämpft um jeden Ball. Als der Lehrer zum Wechsel pfeift, schnappt sich Isidor den Fussball und dribbelt quer durch das Spielfeld. Bereits haben die anderen Spieler das Feld gewechselt, aber Isidor tollt noch immer mit dem Fussball herum, obwohl er schon auf dem Unihockeyfeld stehen sollte. Dejan fordert Isidor auf, den Ball endlich rauszurücken, damit das Spiel weitergehen kann. Isidor denkt nicht daran und prellt noch einmal mit dem Ball. Erst als Dejan ihn anschreit: „Gib de Ball Mann!“ lässt er den Ball liegen und wechselt zum Unihockey. Wird die didaktische Geschichte von Isidor analysiert, wird klar, dass Isidor den Ball nicht abgeben möchte. Viel lieber spielt er noch ein wenig für sich alleine, obwohl der Wechsel zum Unihockey schon lange hätte erfolgen müssen. Warum tut er das? Eine Möglichkeit besteht darin, dass Isidor die anderen Mitspieler bewusst provozieren möchte, indem er den Wechsel zur anderen Sportart hinauszögert. Es besteht die Möglichkeit, dass er gerne die Aufmerksamkeit auf sich zieht – und dies tut er, indem er nicht sofort das Spiel wechselt und den Ball nicht freigibt. Eine andere Erklärungsursache für sein asoziales Verhalten könnte auch darin liegen, dass er diese Provokation nicht bewusst ausübt. Vielleicht ist er einfach ein leidenschaftlicher Fussballspieler und nutzt jede Gelegenheit, um ein wenig zu Jonglieren oder verschiedene Dribblings zu üben.
Aus dem Interview wird ersichtlich, dass es einige sozial dominante Charaktere in dieser Klasse gibt (Nr. 12). Nach Einschätzung der Lehrperson gehört Isidor klar nicht dazu. Der Lehrer kennt Isidor schon seit mehreren Jahren und weiss über seine soziale Kompetenz gut Bescheid (Nr. 7). Isidor hat oft Mühe, sich dem Spiel unterzuordnen und Fairplay gehört nicht zu seinen Stärken (Nr. 9). Nach den Aussagen des Lehrers ist Isidor tatsächlich ein bewusster Provokateur (Nr. 6, 7). Die Situation aus der Geschichte wird sogar als „typische Isidorprovokation“ bezeichnet (Nr. 8). Aus dem Interview wird ausserdem klar ersichtlich, dass er Provo-kationen bewusst ausübt und er sich dann, wenn andere darauf reagieren, sofort in eine Opfer-Rolle drängt (Nr. 5). (Zurfluh, Kühnis & Neubacher)