Fall Nr. 509

 

Volleyball Fokus Zusammenspiel

Stufe: Sekundarstufe II
Bewegungsfeld: Spielen
Disziplin/Sportart: Volleyball
Inhalte präsentieren: Spielen und Wettkämpfen
Textsorte: Didaktischer Text

Fallbeschreibung:

Ausgangslage:

Eine Klasse der Allgemeinen Gewerbeschule Basel (AGS) wird während einer Doppellektion (2 x 45 Minuten) unterrichtet. Es handelt sich um 15 Schüler und eine Schülerin zwischen 17 und 18 Jahren. Die Klasse kann als relativ homogen bezeichnet werden und weist ein hohes Energie- und Bewegungspotential auf. Einzig und allein die Schülerin (übergewichtig) fällt von ihren physischen und psychischen Voraussetzungen aus dem Rahmen, da sie zum Einen sehr unbeweglich ist und zum Anderen sehr lust- und motivationslos den Sportunterricht angeht.


Unterrichtsthema, Inhalte und Ziel der Lektion:

Als Unterrichtsthema wird die Mannschaftssportart Volleyball von der Lehrperson (LP) festgelegt. Im Speziellen liegt der Fokus der Doppellektion auf dem Element „Zusammenspiel", welches den Lernenden vermittelt werden soll. Mit Volleyball-Spielformen - unter Berücksichtigung von verschiedenen Voraussetzungen und Situationen - sollen die Schüler erfahren, dass das Zusammenspielen im Mannschaftssport Volleyball effektiver ist, als ständig mit dem ersten Kontakt den Ball über das Netz zu spielen.


Unterricht:

Nach und nach kommen die Schüler in die Turnhalle. Man merkt ihnen an, dass sie sehr müde sind, da wenig gesprochen wird, aber viel gegähnt wird. Pünktlich um 8.00 Uhr begrüsst die LP die Schüler und beginnt den Unterricht. Die geplante, kurze Ansprache mit Inhalt und Ablauf des Unterrichts sowie der Erwähnung der Sicherheitsaspekte bezüglich Volleyball, zieht sich die Länge, da die LP immer wieder unterbrechen muss aufgrund von Schülern, die sich privat unterhalten, laut lachen oder anderweitig Desinteresse zeigen.
„Ich würde es wahnsinnig schätzen, nicht bei jedem Satz unterbrochen zu werden, damit ich euch alle wichtigen Informationen bezüglich der heutigen Doppellektion Volleyball mit Fokus „Zusammenspiel" mitteilen kann." Die SuS sind jetzt zwar ruhiger, jedoch haben die ständigen Unterbrechungen die LP anscheinend so aus dem Konzept gebracht, dass sie vergessen hat ein Warm-up durchzuführen.

Die LP möchte nun, dass die SuS ein Volleyballnetz über die gesamte Länge der Halle spannen, damit zwei Spielfelder für 4 Teams à 4 Spieler (1 Team pro Spielfeldhälfte) definiert werden können. Damit die LP die erste Spielform demonstrieren kann, bittet sie ein 4er­ Team sich hintereinander auf Höhe des halben Courts mittig aufzustellen und ein anderes Team, dies ebenfalls auf der anderen Seite zu tun. Nun sollen die SuS mit einem Ballkontakt nacheinander dafür sorgen, dass der Ball so häufig wie möglich zwischen beiden Teams über das Netz gespielt wird (Kontinuität), ohne dass der Ball den Boden berührt. Spielt man den Ball über das Netz, stellt man sich wieder hinter seinem Team an. Die LP bemerkt, dass die Spielform nicht wie gewünscht funktioniert, da einige Schüler den Ball mit unverhältnismässigen Krafteinsatz durch die Halle oder ins Netz jagen, andere davon genervt und weitere Lernende mit der Anwendung der richtigen Technik überfordert sind. Nun stoppt die LP die Spielform und holt die Klasse zusammen.

„Diejenigen, die heute nur Blödsinn machen, bitte ich sich umzuziehen und alle anderen möchte ich darauf aufmerksam machen, dass richtige Techniken wie Baggern oder Pritschen vernachlässigt werden können. Es geht nur darum, den Ball so oft wie möglich zwischen den Teams hin und her zu spielen." Der zweite Anlauf der Spielform läuft nun ein wenig besser, so dass die LP die zweite Variante der Spielform (Wettkampf) erklärt und dieses Mal mit den beiden anderen Teams demonstrieren lässt. „Anstatt den Ball möglichst oft hin und her zu spielen, geht es nun darum den Ball wie bei der Zielform unerreichbar auf der Spielfeldhälfte des Gegners zu platzieren." Anstelle von Freude und Ehrgeiz den Wettkampf als Team für sich zu entscheiden, stellt die LP Frust bei den Lernenden fest und holt diese abermals zusammen. Die einzige Schülerin der Klasse legt auch gleich los: „So ein Scheiss! Den Ball kann man ja allein gar nicht erreichen und warum spielen wir eigentlich nicht ganz normal Volleyball?" Die LP antwortet mit ruhiger und sachlicher Stimme: ,,Ich bin froh über deinen Kommentar, da dieser uns verdeutlicht, dass man bei einer Mannschaftssportart alleine spielend ganz schön verloren ist. Volleyball ist Teamwork, fördert die Zusammenarbeit und daher ist das Zusammenspiel ein enorm wichtiges Element, für welches ich euch probiere zu sensibilisieren!"

Auch andere Schüler beklagen sich, dass nicht „richtiges" Volleyball gespielt wird. Bevor jedoch die Zielform praktiziert wird, möchte die LP noch eine weitere Spielform mit den nun bekannten Modi „Kontinuität" & „Wettkampf" ausprobieren.
„Bei der nächsten Spielform, die der Volleyball-Zielform schon recht nah ist, geht es darum, den Ball nicht mit dem erst- oder zweitmöglichen Kontakt auf die andere Seite zu spielen, sondern obligatorisch mit dem dritten. Die Person, die den ersten Kontakt nach Aufschlag des Gegners hat, sollte, falls möglich, den Mitspieler, sog. Zuspieler, am Netz anspielen, der dann theoretisch drei Möglichkeiten hat den Ball für den dritten und letzten Kontakt aufzulegen." Wiederrum bittet die LP zwei 4er-Teams zu Demonstrationszwecken sich jeweils in einer Spielfeldhälfte aufzustellen. Dieses Mal sollen sich die Schüler nicht hintereinander aufstellen, sondern verteilen sich auf dem Spielfeld in Rautenform. Die LP demonstriert die Spielform, indem sie den Ball in ihre Hände nimmt, dabei die Flugbahn inklusive den drei Kontakten simuliert und den Schülern gleichzeitig Anweisungen und Tipps gibt. Die Schüler fangen an auf beiden Courts zu spielen und die Lehrperson entscheidet sich bei einem Team mitzuspielen, um einen gewissen Flow zu gewährleisten und die Schüler motivieren zu können.
„Sehr schön! Seht ihr, was passiert, wenn der Spieler am Netz mit dem zweiten Kontakt ein präzises Zuspiel macht? Genau, sein Mitspieler kann einen Smash ausführen, der für den Gegner schwer zu erreichen ist!" Vom anderen Spielfeld kommt folgender Kommentar: „Bei uns funktioniert gar nichts, da immer nur Mist gemacht wird, anstatt den Ball so oft wie möglich zwischen den Teams hin und her zu spielen!" Daraufhin entscheidet sich die LP die Wettkampf-Variante dieser Spielform wegzulassen und zu der von den meisten Schülern gewünschten bzw. geforderten Zielform überzugehen.
„Ok, nun spielen wir Volleyball mit richtigen Regeln und Punkten, jedoch verzichten wir auf 6 Spieler pro Hälfte und behalten unsere 4er Teams bei. Anschliessend spielt Verlierer gegen Verlierer und die Gewinner-Teams schauen zu. Danach gibt es das grosse Gewinner-Finale!" Von den Beschwerden und der unkonzentrierten Stimmung zuvor ist nichts mehr zu merken. Die Lernenden spielen voller Motivation und mit Engagement und man sieht, dass ihr Ehrgeiz, gewinnen zu wollen, aktiviert ist. Es wird sogar häufig versucht mit drei Kontakten innerhalb einer Mannschaft zu spielen. Ab und an stoppt die LP das Spiel, um sowohl auf Gutes wie Verbesserungswürdiges aufmerksam zu machen. Jedoch möchte sie den nun vorhandenen Spielfluss der SuS nicht zu oft künstlich unterbrechen.

Nach der Doppellektion kommt ein Schüler mit einem breiten Grinsen zur LP und sagt: „So macht Volleyball richtig Spass! Und nicht wie am Anfang als sich viele daneben benommen haben. Aber eine Frage hätte ich noch: "Was bedeutet eigentlich Baggern und Pritschen?"